Viele Unternehmen tun sich schwer, das richtige Gehalt zu finden. Nicht nur bei der ersten Einstellung und nicht nur ganz kleine Unternehmen. Insbesondere Unternehmen ohne Tarifbindung haben dort selten klare Richtlinien. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, wie Sie ein adäquates Gehalt definieren können und welche Faktoren Sie dabei berücksichtigen sollten, damit Sie auch im Recruiting attraktive Angebote selbstbewusst unterbreiten können. Ein faires Gehalt unterstützt Sie in der Gewinnung neuer Mitarbeiter und der Mitarbeiterbindung.
Es geht beim Thema Gehalt nicht nur um Zahlen auf einem Papier, sondern um das Zusammenspiel von Marktwert, Unternehmensressourcen, Attraktivität als Arbeitgeber und Mitarbeiterzufriedenheit. Wie definiert man ein Gehalt, das fair, wettbewerbsfähig und nachhaltig ist? Hier tauchen wir tiefer in die Gehaltsfindung ein. Wir betrachten die Vorbereitung, die Verhandlung und die langfristige Planung, um ein Gehaltspaket zu schnüren, das sowohl für Ihr Unternehmen als auch für Ihre neuen Talente attraktiv ist.
Teil 1: Vorbereitung der Gehaltsstruktur und Budgets
Abgeleitet von Ihrer Unternehmensstrategie und Ihren Zielen starten Sie mit den Aufgaben, die Sie in Ihrem Unternehmen erfüllen müssen und wollen, um Ihre Ziele zu erreichen.
Dann starten Sie in die Budgetplanung für Ihre einzelnen Teilbereiche und die Personalkosten, dabei sind die Gehälter häufig der größte Unterpunkt.
Allein aufgrund des Kostenumfangs der Personalkosten lohnt es sich, hier Zeit und Überlegungen in gut strukturierte Gehaltsranges zu investieren. Ein Gehaltsrange drückt aus, was zum Beispiel eine Sachbearbeitung im Verkauf bei Ihnen verdienen kann. Abhängig von Qualifikation, Erfahrung, Einsatztiefe und -bandbreite, Selbständigkeit kann man in dieser Funktion bei Ihnen von x bis y Euro verdienen. Klare Kriterien für eine nächste Stufe schaffen Verbindlichkeit und Transparenz für Sie selbst und Ihr Team.
Hierbei berücksichtigen Sie auch, welches Ergebnis ein Mitarbeiter erbringen muss (kurzfristig und langfristig), um sich für das Unternehmen zu finanzieren. Dabei gibt es zum Teil branchen- aber natürlich auch funktionsspezifische Faustformeln. Bei einem Produktionsmitarbeiter ist es auf den ersten Blick häufig einfacher zu berechnen, da sie direkt an der Produkterstellung mitwirken. Aber ohne Entwicklungsarbeit im Vorfeld wird es nichts zu erstellen geben.
In der Dienstleistungsbranche muss ein Mitarbeiter zum Beispiel pro Jahr rund 200% seiner Personalkosten erwirtschaften, die der Arbeitgeber für ihn bezahlt.
Zu berücksichtigen sind immer:
– die direkten Personalkosten (Gehalt oder Lohn (brutto), Sonn- und Feiertagszuschläge, Boni- und Provisionszahlungen, sonstige Neben- und Sachwertbezüge, beispielsweise ein Laptop, Smartphone, Firmenwagen, die bei Anstellung angeschafft werden)
– wie auch die indirekten Personalkosten (Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Beiträge zu Pflichtversicherungen – Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, Beiträge zur Berufsgenossenschaft, Umlagen zur Entgeltfortzahlung – beispielsweise zur Finanzierung von Ausgleichszahlungen für krankheitsbedingte Ausfälle, Reisekosten, Aus-, Fort- und Weiterbildungskosten, freiwillige oder tariflich vereinbarte Zusatzleistungen wie Zuzahlungen zur Altersvorsorge, Rabatte und Vergünstigungen, Ausgaben zur Anmietung, Ausstattung und Betrieb deiner Firma, beispielsweise Möbel, Telefonanlage, Büromaterial, Arbeitskleidung, Kosten für die Rekrutierung und Einarbeitung).
Marktanalysen
Beginnen Sie mit einer gründlichen Marktanalyse. Da stellt sich oft die Frage der Quellen. In Deutschland können sich Unternehmen auf verschiedene Analysen, Statistiken und Benchmarks beziehen, um fundierte Entscheidungen über Gehaltsstrukturen zu treffen. Hier sind einige wichtige Quellen:
– Gehaltsreports und -umfragen von Beratungsunternehmen: Große Beratungsunternehmen wie Kienbaum, Mercer oder Towers Watson führen regelmäßig Gehaltsstudien durch. Diese bieten detaillierte Einblicke in Gehaltsstrukturen verschiedener Branchen und Positionen.
– Statistisches Bundesamt (Destatis): Destatis stellt umfassende Daten zu Arbeitskosten und Verdienststrukturen in Deutschland bereit. Diese offiziellen Statistiken sind besonders nützlich für allgemeine Marktübersichten.
– Entgeltatlas der Agentur für Arbeit (online)
– Branchenspezifische Verbände und Kammern: Verbände wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) oder verschiedene Industrie- und Handelskammern bieten oft branchenspezifische Gehaltsinformationen.
– Gehalts- und Jobportale: Plattformen wie Glassdoor, StepStone oder Gehalt.de bieten Nutzern die Möglichkeit, Gehälter anonym zu teilen. Diese können als Orientierungshilfe dienen, sollten aber kritisch betrachtet werden, da sie auf Selbstauskünften beruhen.
– Arbeitgeberbewertungsportale: Portale wie Kununu bieten neben Arbeitgeberbewertungen auch Gehaltsinformationen, die von aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern geteilt werden.
– Spezialisierte HR-Dienstleister: Einige Unternehmen bieten spezialisierte Dienstleistungen zur Gehaltsanalyse an, die individuell auf die Bedürfnisse eines Unternehmens zugeschnitten sind.
Erstellen Sie sich mit diesen Informationen auch eine Matrix über alle bisherigen Gehälter und Strukturen in Ihrem Unternehmen. Passt die Verteilung? Müssen Sie irgendwo korrigieren? Nach unten, nach oben? Sie werden immer einmal wieder Korrekturen vornehmen wollen oder müssen.
Leistungsaspekt
Lassen Sie sich in Ihren Überlegungen Spielraum für die Bewertung und Belohnung der individuellen Leistung. Ob für Provisionen, Zielvereinbarungen und Erfolge, flexible Einsatzmöglichkeit und Qualifikation, Prämien. Das jeweilige Modell ist sehr stark abhängig von Ihrem Geschäftsmodell und auch von Ihrem Führungsstil.
Anwendung auf Ihr Unternehmen
Setzen Sie nun diese Informationen in Relation zu Ihren Unternehmensfinanzen. Ihr Unternehmen hat vermutlich ein begrenztes Budget, aber Sie bieten ausgezeichnete Aufstiegschancen, Flexibilität und/oder ein starkes Team. In diesem Fall könnten Sie ein Gehalt am unteren Ende des Spektrums anbieten, jedoch mit der Aussicht auf Boni und Leistungsprämien, um das Gesamtpaket attraktiver zu gestalten.
Angenommen, Sie suchen einen Produktionsleiter. Eine Analyse zeigt, dass das durchschnittliche Gehalt für diese Position in Ihrer Region und Unternehmensgröße zwischen 60.000 und 80.000 Euro jährlich liegt.
Die Einordnung der Position in Ihrem Unternehmen ist ebenfalls entscheidend. Ist der Produktionsleiter für die gesamte Produktionslinie verantwortlich und trägt maßgeblich zum Unternehmenserfolg bei? Dann rechtfertigt dies ein höheres Gehalt innerhalb des festgelegten Rahmens.
Schließlich müssen Sie überlegen, welche weiteren Anreize Sie über das reine Gehalt hinaus bieten können. Vielleicht bietet Ihr Unternehmen flexible Arbeitszeiten, Weiterbildungsmöglichkeiten oder andere nicht-finanzielle Vorteile, die das Gesamtpaket für den Kandidaten attraktiv machen.
Die Definition eines Gehaltsranges in KMUs erfordert eine Balance zwischen Marktkenntnissen, finanzieller Umsicht und einem tiefen Verständnis für die Rolle selbst. Mit diesen Überlegungen und Beispielen schaffen Sie eine solide Basis für Ihre Gehaltsstrategie.
Sie können sich nicht allein vom Markt treiben lassen, sondern sollten Ihre eigene Struktur und Philosophie hierbei entwickeln.
Teil 2: Gehaltsverhandlungen im Recruiting
Gehaltsverhandlungen sind ein entscheidender Teil Ihres Recruiting-Prozesses. Ein gutes Beispiel ist die Einstellung eines erfahrenen Ingenieurs. Laut aktuellen Marktanalysen bewegt sich das Gehalt für solche Positionen zwischen 70.000 und 95.000 Euro jährlich. Wie gehen Sie in den Verhandlungen vor?
Schritt 1: Aufgabe und Rolle
An erster Stelle der stellenbezogenen Eingruppierung steht immer die Aufgabe. Welche Aufgaben sollen erledigt werden und welchen Einfluss hat diese Rolle auf den Erfolg des gesamten Unternehmens? Welche Qualifikationen, Erfahrungen und ggf. welche Haltung und Einsatzbereitschaft ist zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben notwendig? Dann definieren Sie die Gehaltsrange inklusive der Obergrenze: Basierend auf Ihrem Budget und den ermittelten Marktdaten setzen Sie ein oberes Limit. Angenommen, Sie entscheiden sich für 90.000 Euro als Maximum, um Raum für mögliche Gehaltssteigerungen in der Zukunft zu lassen.
Weiterhin spielt eine Rolle: Wie häufig oder selten sind diese Qualifikationen am Markt zu finden? Wie ist die Position Ihres Unternehmens am Arbeitsmarkt? Sind sie lokaler oder fachlicher Platzhirsch oder sind Sie einer von vielen und buhlen alle um dieselben Mitarbeiter? Die genaue regionale Marktanalyse wie auch in vergleichbaren Branchen sowie der eigenen Position im Vergleich zur Konkurrenz kann auch hier nützlich sein, um das richtige Gehalt festzulegen.
Schritt 2: Verständnis der Kandidatenbedürfnisse
Im Gespräch mit dem Kandidaten versuchen Sie, seine Gehaltsvorstellungen und Karriereziele zu verstehen. Hat er spezielle Anforderungen wie flexible Arbeitszeiten oder Weiterbildungsmöglichkeiten, die in die Gesamtvergütung einfließen könnten?
Schritt 3: Das attraktive Angebot
Sie bereiten ein Angebot vor, das nicht nur das Grundgehalt, sondern auch Zusatzleistungen wie Bonuszahlungen, flexible Arbeitszeit und -ort, betriebliche Altersvorsorge und Weiterbildungsmöglichkeiten umfasst. Angenommen, Sie bieten ein Grundgehalt von 85.000 Euro, ergänzt durch leistungsabhängige Boni und ein umfassendes Weiterbildungsprogramm.
Schritt 4: Die Verhandlung
Nun präsentieren Sie das Paket und betonen, wie es die Bedürfnisse des Kandidaten erfüllt. Sie bleiben offen für Rückmeldungen und sind bereit, innerhalb Ihrer gesetzten Grenzen Anpassungen vorzunehmen.
Ihre offene Kommunikation über das Gehalt und die Zusatzleistungen ist entscheidend. Erklären Sie, wie sich das Gehalt zusammensetzt und welche Möglichkeiten für zukünftige Gehaltsentwicklungen bestehen. Seien Sie ehrlich über das, was Ihr Unternehmen bieten kann und was nicht. Zum Beispiel, wenn ein Kandidat ein Gehalt fordert, das über Ihrem Budget liegt, erklären Sie offen Ihre finanziellen Grenzen und zeigen Sie alternative Wege auf, wie Sie ihm entgegenkommen können.
Schritt 5: Einigung und Transparenz
Ziel ist es, eine Einigung zu erzielen, die beide Seiten zufriedenstellt und die Basis für eine meist längerfristige Zusammenarbeit legt. Transparenz über die Gehaltsstruktur und mögliche Entwicklungen sind hierbei essentiell, um Vertrauen aufzubauen und langfristige Bindungen zu schaffen.
Sie können nächste Gehaltsschritte als Stufenplan bereits zu Beginn definieren und/oder an bestimmte Erfolge knüpfen. Dabei müssen diese Vereinbarungen aber immer klar nachvollziehbar und messbar sein.
Sowohl die grundlegende Überprüfung Ihrer Gehaltsstruktur, Ihrer Gehaltsranges und der individuellen Gehälter unterliegt einer regelmäßigen, in der Regel jährlichen Wiederholung. Sowohl Unternehmens- wie auch Marktentwicklungen und auch die persönliche Weiterentwicklung verlangen danach.
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Und versprochen: Ein Gespräch lohnt sich immer, ein bis zwei Ideen nehmen Sie immer mit!
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